Im Überblick

  • 1905 Verbandsgründung
  • 1906 Übergabe der erstellten Wasserversorgung
  • 1922 Rechtskräftige Übertragung der Wasserversorgung von der Gemeinde an die Wasserleitungsgenossenschaft
  • 1922 Rückzahlung der Restschulden begünstigt durch Inflation
  • 1952 Beschluss über Neubau eines neuen Werkes mit Stauanlage in Aumühle
  • 1953 Übernahme der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage Westerbuchberg
  • 1957 Umwandlung der Genossenschaft in einen Verband, ab jetzt Wasserbeschaffungsverband Übersee
  • 1961 Übernahme des WBV Osterbuchberg mit Errichtung des Pumphauses Osterbuchberger Steg
  • 1963 Errichtung eines neuen Brunnen bei Aumühle, Brunnen III
  • 1983 Fertigstellung des neuen Hochbehälters Hadergasse 1950m³

 

Geschichte der Wasserversorgung in Übersee

Schöpfbrunnen wie in Übersee viele um 1900 betrieben wurden

Die Hauswasserversorgung in der Gemeinde Übersee war bis zum Jahre 1906 äußerst mangelhaft. Besonders Feldwies hatte sehr schlechtes Grundwasser. Fast bei jedem Haus befand sich ein Zieh- oder Schöpfbrunnen mit einer Tiefe von 3 – 7 m. Einen eingezäunten Fassungsbereich kannte man nicht. Der Brunnenschragen (eine ca. 80 cm hohe quadratische Einfassung aus 70 mm starken Bohlen) war oft vom Erdboden her so morsch, dass faustgroße Löcher durchgebrochen waren. Für Mäuse, Maulwürfe und Frösche wurden die Brunnen zu Fanggruben. Auch ohne diese Verunreinigungen zeigte das Wasser oft eine so schlechte Qualität, dass es fast überall ungenießbar war. Auch die Leistung der Brunnen war sehr unterschiedlich. Bei Trockenheit lieferten manche Brunnen kein Wasser mehr. Trotzdem wurden die Hausbrunnen, wie man sie nannte, noch viele Jahre nach Inbetriebnahme der zentralen Wasserversorgung erhalten. Sie sollten eine Reserve darstellen, wenn das neue Werk einmal aussetzen sollte, aber auch den Wasserverbrauch aus der neuen Leitung mindern. Um zu sparen, wurde deshalb für den Stall noch jahrelang das Wasser aus den Hausbrunnen entnommen.

So entwickelte sich vor allem bei den Feldwieser Bauern der Wunsch, eine Wasserleitung zu bauen. Dafür sollte das Quellgebiet von Bachham erschlossen werden. Bürgermeister war in dieser Zeit Matthias Pemler, Kleinkarl von Feldwies, der ein Befürworter des Wasserleitungsbaues war und deswegen von dem überwiegenden Teil der Gemeindebürger südlich der Eisenbahnlinie angefeindet wurde. Viele hatten nicht erkannt, dass sauberes Wasser eine Notwendigkeit für die Gesundheit von Mensch und Tier ist und einen großen Fortschritt für die weitere Entwicklung der ganzen Gemeinde Übersee bedeutete.

Der Gedanke einer zentralen Wasserversorgung war also kein Größenwahn, sondern eine reiflich überlegte Notwendigkeit. Schon Jahre vor der Gründung der Genossenschaft gab es in den Gasthäusern reichlich Gesprächsstoff über die verrückten „Wasserkaibi“. Trotz Beschimpfung und Verachtung durch den größten Teil der Überseer Bevölkerung wuchs aber die Zahl der Befürworter, die sich auch nicht entmutigen ließen.

Schließlich wurde Anfang des Jahres 1905 die Wasserleitungsgenossenschaft mit folgenden Ausschussmitgliedern gegründet:

Josef Donauer, Säge- und Mühlenbesitzer, Feldwies, als 1. Vorsitzender
Max Haumayer, Gütler in Übersee, als 2. Vorsitzender
Ferdinand Bierbichler, Königl.-Bayer. Seewart in Übersee
Xaver Kreuz, Gütler in Übersee-Baumgarten
Josef Jäger, Bahnvorstand in Übersee

Bei der Gründung zählte die Genossenschaft 81 Mitglieder. Doch schon kurz nach der Bekanntgabe der Gestehungskosten erklärten 3 Mitglieder ihren Austritt. Die Vorarbeiten waren nun geleistet. Doch bis zum Baubeginn war es noch ein weiter und dorniger Weg.
Zunächst beauftragte der Wasserleitungsausschuss die Firma „Popp & Reuther“ in München mit der Fertigung von Plänen und der Erstellung eines Gutachtens. Am 15.07.1905 wurden diese Unterlagen beim kgl. Bezirksamt Traunstein eingereicht. „Popp und Reuther“ war übrigens eine sehr renommierte Firma mit Filialen in Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, München,

Utrecht, Wien und Vertretungen in Breslau, Metz, Innsbruck, Moskau, Bukarest, Mailand und Basel. Hauptsitz war Mannheim.

Plan von der Fa. Popp & Reuter zum Pumphaus mit Turbine am Überseer Bach – („Am Bach”)

Das Gutachten lautet im Originaltext:

„Die Gemeinde Übersee ist zur Zeit auf die Benutzung des Grundwassers, das in geringer Tiefe unter Terrain ansteht, angewiesen und besteht von jeher besonders in den gegen den Chiemsee zu gelegenen Orten Feldwies und Baumgarten, sowie auch an anderen Stellen der Übelstand, dass dieses Wasser zumeist vom Oberflächenwasser verunreinigt wird und zum großen Teil ungenießbar ist und deshalb als Trinkwasser in den betreffenden Orten keine Verwendung finden kann. Das Wasser zeigt in den betreffenden Brunnen ziemlich starke rotbraune Färbung und hinterlässt in den Gefäßen bei längerem Stehenlassen einen dicken rotbraunen Bodensatz.

Es besteht deshalb das begreifliche Bestreben, ein allen sanitären Anforderungen entsprechendes Wasser nach den hier in Betracht kommenden und zur Gemeinde Übersee gehörenden Ortsteilen Hocherlach, Feldwies, Baumgarten, Neumühle, Schöneggart, Stögenhäuser, Anger, Lindlach, Moosen (Ober- und Untermoosen), Zaishäusl, Großalberer, Gassen, Giessner am Bach, Stegen, (Unter)Frenthaler, Almfischer, Almau, sowie der Station Übersee und der kgl. Fischzuchtanstalt beizuleiten und hierbei auch für Feuerlöschzwecke in ausreichender Weise Vorsorge zu treffen. Dafür kommt in erster Linie das ca. 2,5 km südlich des Bahnhofes Übersee gelegene Quellengebiet zwischen der Kendlmühlfilze und Reisermann in Betracht, dessen Wasser laut beiliegendem Gutachten für Trink- und Genusszwecke als einwandfrei befunden worden ist. Die Temperatur des Quellwassers beträgt 7° R.

Der tägliche Wasserbedarf der oben genannten Orte errechnet sich wie folgt:

a) Hausbedarf bei 1300 Einwohnern und 40 l pro Kopf und Tag = 52 000 l (52 cbm)
b) Ökonomiebedarf bei 1400 St. Großvieh und 60 l pro Kopf und Tag = 84 000 l (84 cbm)
c) kgl. Fischzuchtanstalt, industr. Zwecke und Unvorhergesehenes = 54 000 l (54 cbm)

Die Bahnstation Übersee, deren Anschluss z. Zt. wohl sehr wahrscheinlich, aber noch nicht als absolut sicher anzusehen ist, benötigt z. Zt. je nach der Jahreszeit tägl. 50 – 100 cbm, es wird aber für später nach den erhaltenen Informationen mit max. 200 cbm Wasser zu rechnen sein; obiges Quantum erhöht sich sonach im höchsten Falle von 190 000 l auf 390 000 l. Die Quellschüttung betrug am 4. Juli 1905 25 Sekundenliter, d. h. 2 160 cbm pro Tag, von der somit nur ein kleiner Bruchteil erforderlich ist.
Das bestehende alte Mühlwerk mit Dreschmaschineneinrichtung, das zur Wasserkraftanlage keine Verwendung finden kann, gelangt zum Abbruch und es kommt an dessen Stelle eine neue Turbinenanlage mit anschließender Pumpwerkanlage zur Ausführung. Die Pumpen arbeiten direkt in das Verteilungsnetz, so dass an allen Zapfstellen in erster Linie das frische Förderwasser zum Ausfluss gelangt und nur der Überschuss der Pumpförderung, bzw. der vorübergehende Mehrverbrauch in der Leitung das Hochwasserreservoir passiert.
Der Druck in der Druckrohrleitung reicht an allen Stellen des Versorgungsgebietes zur direkten Besprengung aller Brandobjekte ohne Zuhilfenahme von Feuerspritzen aus. Es sind zu diesem Zweck 13 Hydranten vorgesehen. Das Hochreservoir (Hadergasse) ist ca. 1 km südlich von Übersee auf dem Westerbuchberg projektiert und wird hierbei der Wasserspiegel auf eine Meereshöhe von 584,6 m, d. h. 1953 bis 612,5 m über dem Niveau des Verteilungsrohrnetzes zu liegen kommen. Der nutzbare Inhalt beträgt 200 cbm. Das Überwasser des Reservoirs soll der kgl. Fischzuchtanstalt zugeführt werden.“
Soweit also das Gutachten der Firma „Popp & Reuther“, München.

Am 2. Aug. 1905 wurde mit dieser Firma ein Vertrag zum Bau der Wasserleitung, „mit allem was dazugehört”, abgeschlossen.Der Kostenvoranschlag belief sich auf 130.900 Mark.

Für den Fall, dass das Projekt nicht zustande kam, verlangte die Firma eine Garantiesumme in Höhe von 200 Mark. Als Garantiezeichner stellten sich zur Verfügung:

Julius Exter, kgl. Professor in Feldwies mit 50 Mark
Dr. med. Leonhard Mayer aus Übersee mit 50 Mark
Josef Donauer, Feldwies mit 25 Mark
Max Haumayer, Übersee mit 25 Mark
Josef Kirchmayer, Hauptlehrer, Übersee mit 25 Mark
Ferdinand Bierbichler, kgl. Seewart, Übersee mit 25 Mark

Für die Brunnen in Bachham besorgte die Firma „Popp & Reuther“ eine Grunddienstbarkeit. Die Eheleute Georg und Maria Unterbuchner, Zementarbeitersleute von Mietenkam, räumten das Recht ein, die auf den Grundstücken Plannummer 2598, 2599, 2601 und 2602 befindlichen Quellen zu fassen und das Wasser abzuleiten. Sie verpflichteten sich außerdem, auf diesen Grundstücken keine Handlungen vorzunehmen, die das eingeräumte Quellrecht beeinträchtigen oder den Wassergewinn vermindern könnten. Als einmalige Abfindung erhielten die Eheleute eine Entschädigung von 300 Mark.

In Bachham gebauter Holzbrunnen, das Trinkwasser lief im freien Gefälle zur Pumpstation

Vor der Vertragsunterzeichnung musste aber noch die die sehr schwierige Aufgabe der Finanzierung geklärt werden. Dazu schlug das Bezirksamt folgendes vor:

„Wegen Aufnahme des Baukapitals hat sich die Gemeindeverwaltung mit der Landeskulturanstalt ins Benehmen zu setzen. Die erforderlichen Mittel sind, wenn irgend möglich, mit 4 3/4 % Annuität, also mit 36 Jahren (bis 1942) Tilgung aufzunehmen.“

Ebenso wurde ein Staatszuschuss von 6% des Bauaufwandes aus dem Wasserversorgungsfond in Aussicht gestellt, abzurufen bei der Generalagentur der „München-Aachener Mobiliar Feuerversicherungsgesellschaft“. Man könnte meinen, dass nun alles klar gewesen sei. Aber am 30.05.1905 wies das kgl. Bezirksamt   darauf hin, dass nur Gemeinden, nicht aber Genossenschaften Zuschüsse aus dem Wasserversorgungsfond erhalten könnten. Folglich musste also die Gemeinde als Träger auftreten. Ebenso wurde verlangt, dass die Wasserleitung innerhalb von 2 Jahren gebaut und als solche auch unterhalten werde. Außerdem sei stets die bezirksamtliche Genehmigung zur Kostenübernahme erforderlich. Zur Regelung der Beziehungen zwischen Gemeinde und den beteiligten Anwesen verlangte das Amt zudem den Erlass von ortspolizeilichen Vorschriften nach dem Muster der Gemeinde Ruhpolding oder des Stadtmagistrats Traunstein. Der Wasserzins sei von der Gemeinde festzusetzen.

Durch die veränderte Situation der Trägerschaft war nun ein Beschluss des Gemeinderates (damals Gemeindeausschuss) erforderlich. Da die meisten Gemeindevertreter jedoch den Bau einer Wasserleitung ablehnten, ergab sich nun ein erbittertes Ringen zwischen Wasserleitungsausschuss und Gemeindeausschuss. Immer wieder drängte das kgl. Bezirksamt, die entsprechenden Beschlüsse zu fassen. Aber es gab dafür keine Mehrheit. Mehr noch: Es kam zu schweren Auseinandersetzungen. Trotzdem war sich die Vorstandschaft der WLG einig: Es muss gebaut werden.

Aus einer unbekannten Quelle wird hierzu berichtet:
“Nun kamen der Bürgermeister Donauer und Hauptlehrer Kirchmayer auf eine Idee: Donauer schrieb eine Träger- und Bürgschaftserklärung, gab diese Kirchmayer, der zugleich Gemeindeschreiber war, mit der Weisung, das Schriftstück so lange zu verbergen, bis der 1. Bürgermeister einmal nicht anwesend sei und sich vom 2. Bürgermeister vertreten ließe. Es dauerte nicht lange, bis es so weit war, und wie üblich um 3 Uhr nachmittags kam der 2. Bürgermeister, damals Beigeordneter genannt, zur Unterzeichnung des Auslaufes. Kirchmayer hatte die zu unterzeichnenden Schriftstücke, unter denen auch die Bürgschaftserklärung lag, bereits mit dem Amtssiegel versehen und fein säuberlich aufeinander gelegt. Der Herr Beigeordnete brauchte also nur unter jedes Schriftstück seinen Namen zu setzen. Der Beigeordnete, ein Bauer, hatte es eilig und so war es geschehen. Die Freude bei den „Wasserkaibin“ war groß, die Wut aber bei den Gegnern kannte keine Grenzen. Es kam oftmals zu schweren Raufereien, bei denen sogar der Schusterweber Hausl dem Reiglschneider, einem Bruder vom 1. Vorsteher, den Mittelfinger abbiss. Gleichwohl war die Genossenschaft guten Mutes, denn der Bau war gesichert.

Trotz der Übernahme des Projektes durch die Gemeinde war die WLG nicht überflüssig. In einem Schreiben des kgl. Bezirksamtes vom 28. Jan. 1906 heißt es: „Es erscheint zweck mäßig und zulässig, dem Genossenschaftsausschuss den Vollzug der Sache zu übertragen, da die Genossenschaft für die Kosten aufkomme und ihr Ausschuss auch alle Vorarbeiten erledigt hat.

Doch darf hierdurch die Gemeindewasserleitung nicht wieder zu einem reinen genossenschaftlichen Unternehmen werden.“

Am 06.12.1905 wurde die Gemeinde vom kgl. Bezirksamt darauf aufmerksam gemacht, dass eine Baugenehmigung erst erteilt werden könne, wenn sich die beteiligten Grundstücksbesitzer zur Übernahme aller Kosten verpflichtet hätten. Die entsprechende Notariatsurkunde müsse die Kosten der Gemeinde Übersee über Bau, Betrieb und Unterhaltung der Wasserleitung enthalten. Von dieser Beurkundung – so das kgl. Bezirksamt weiter – seien auch die Zuschüsse abhängig.

Am 18.12.1905 war es endlich so weit: Die Anschlusswilligen verpflichteten sich vor dem Notar Trost in Traunstein, alle entstehenden Kosten zu übernehmen. Nun konnte mit dem Bau begonnen werden. Die Kredite (ca. 108 000 Mark) von der Landeskulturanstalt wurden abgerufen, ebenso der Zuschuss von 5 863 Mark und 74 Pfg (!) durch das Staatsministerium aus dem Versorgungsfond. Die Auszahlung des Darlehens erfolgte in Landeskulturscheinen zum Nennwert.

Die Firma „Popp & Reuther“ erstellte die gesamte Anlage mit einem tatsächlichen Kostenaufwand von 107 729 Mark und übergab diese am 2. Oktober 1906 in Anwesenheit des leitenden Ingenieurs Bleines an die Gemeinde Übersee. Das Pumpwerk stand am Bach zwischen den Anwesen Lindermaier und Schmid am Bach. Von Bachham kam das Wasser zu dem Pumpwerk und dann mittels Turbinen über die Druckleitung zu den einzelnen Ortsteilen. Der Hochbehälter auf dem Westerbuchberg diente als Reserve.

 

1. Pumphaus „Am Bach“

 

Auszug aus der Wasserleitungsverordnung von 1905

Der erste Wasserwart Jakob Haumayer und Bürgermeister Donauer mussten einen 20 Seiten umfassenden Wartungs- und Unterhaltungsvertrag unterzeichnen. (Jakob Haumayer I war nebenberuflicher Wasserwart und ein Bruder von Max Haumayer, der bis 1925 den Verband leitete. Seine Amtszeit endete 1944. Sein Enkel Jakob Haumayer II übernahm 1970 die Geschäftsführung im Hauptamt.)

Mit der Übergabe der Wasserleitung an die Gemeinde waren aber längst noch nicht alle Hürden beseitigt. Schon im Dezember 1905 war darauf hingewiesen worden, dass zu den Anschliessern auch das Gemeinde-, Schul- und Krankenhaus gehören müsste. Der Wasserbedarf für Schule (Lehrerwohnung) und Gemeindehaus sollte also von der zentralen Wasserversorgung erfolgen. Das aber lehnten die Gemeindevertreter mit 8:6 Stimmen ab. Sie fassten sogar den Beschluss, einen neuen Hausbrunnen (Schlagbrunnen) zu errichten. Der Amtstechniker stellte dann aber fest, dass ein neuer Schlagbrunnen mehr kosten würde als ein Anschluss. Hinzu kam die Unsicherheit über die Qualität des Grundwassers.
Nun machte das Bezirksamt Druck: „Binnen acht Tagen ist ein entsprechender Beschluss vorzulegen. Überhaupt ist die allzu flüchtige Geschäftserledigung zu rügen.“ Es wurde sogar mit einer Disziplinarstrafe gedroht, da Mitteilungen nur sehr zögerlich vorgelegt wurden. Auch Lehrer Kirchmayer beschwerte sich wegen des verweigerten Anschlusses. Die Fronten waren schließlich so verhärtet, dass ein Mitglied des Gemeindeausschusses sogar Beschwerde bei der Regierung von Oberbayern und beim Verwaltungsgericht einreichte. Diese wurde jedoch mit Gerichtsurteil vom 19.04.08 „im Namen seiner Majestät, des Königs von Bayern“ abgelehnt. Am 20.10.08 nahm dann das Gemeindeausschussmitglied Josef Schmid seine Beschwerde zurück, und die Arbeiten im Schulhaus konnten beginnen.
Mit der Fertigstellung verpflichtete sich die Gemeinde, ab 1. November 1906 eine jährliche Kulturrente von 5.130 Mark und ab 1. Mai 1907 eine weitere Kulturrente von 190 Mark an die Landeskultur-Rentenanstalt zu entrichten (also 5 .320 Mark für Zins und Rückzahlung). Hinzu kamen weitere Ausgaben: 200 Mark für Wasserwart und ca. 80 Mark für Öl, Putzwolle  Die gesamte Jahresausgabe wurde mit 5.600 Mark angesetzt, die von den Wasserabnehmern zu zahlen waren. Für jeden Wasserabnehmer bedeutete das eine Ausgabe von rund 70 Mark pro Jahr.
Um diesen Betrag aufzubringen, musste in der damaligen Zeit ein Bauer drei Kälber verkaufen oder ein Arbeiter 233 Stunden arbeiten. Im Schnitt hatte ein Anwesen eine Darlehensschuld von über 1 400 Mark, obwohl manche Anwesen nicht einmal 1.000 Mark wert waren.
Noch aber fehlte eine Wasserleitungsverordnung. Da „Wassergäste“ bereits anfingen, die Zahlung des Wasserzinses zu verweigern, verlangte das kgl. Bezirksamt am 13.11.07 vom Gemeindeausschuss den Beschluss einer entsprechenden Verordnung nach dem Ruhpoldinger Muster.
Anderenfalls hätte die Gemeinde Übersee keine gesetzlichen Grundlagen, um gegen säumige Zahler zwangsweise vorzugehen. Dazu kam der Vorschlag, „diejenigen Gemeindeausschussmitglieder haftbar zu machen, welche die Erlassung der Wasserverordnung verweigern und auf solche Weise zwangsweises Vorgehen gegen die zahlungssäumigen Wassergäste vereiteln. Dies ist den renitenten Ausschussmitgliedern ausdrücklich zu eröffnen.”
Das alles half aber nichts. Die Wasserleitungsverordnung wurde immer wieder abgelehnt, und der Ton des Bezirksamtes verschärfte sich mehr und mehr: „Obwohl die Aufnahme des Kapitals erfolgt ist, verweigern die Gemeindeausschussmitglieder Josef Schmid, Max Hartl, Georg Hofmann, Georg Gschwendner, Vinzenz Stöger, Franz Kirchleitner, Jakob Gnadl und der Beigeordnete Stefan Gnadl die Zustimmung zur Wasserleitungsverordnung und der ortspolizeilichen Vorschriften zum Schutz der Wasserleitung, obwohl diese Vorschriften keinen anderen Zweck haben, als den, die Wasserleitung als Gemeinde gut zu schützen und die Beziehungen zwischen der Gemeinde und den Wasserabnehmern zu regeln und die Einnahmen zu sichern. Die genannten Ausschussmitglieder, deren Pflicht es ist für Ordnung im Gemeindehaus zu sorgen und das Gemeindevermögen zu erhalten, verhindern dies durch ihre Renitenz. Es wird deshalb gegen jedes der oben genannten Ausschussmitglieder eine Geldstrafe von je 5 Mark verhängt, welche in die Staatskasse fließt.“ Diese Strafe schien aber auch nicht geholfen zu haben, denn es wurde erneut eine Geldstrafe verhängt- diesmal von10 Mark.
Erst am 26. April 1908 konnte die Wasserleitungsverordnung als Druck herausgegeben werden, unterzeichnet vom Gemeindeausschuss. Die Unterzeichner waren:

Steiner Blasius, Bürgermeister Kreuz Josef, Gasteiger Anton, Stöger Nikolaus, Baumgartner Jakob, Bierbichler, Schwaiger Matthias, Kreuz Xaver, Donauer Josef, Haumayer Max, Irger Josef, Gnadl Josef, Ebner Josef

Die Wasserabnehmer werden nach ihrem Viehstande in Klassen eingeteilt, außerdem kommt in Betracht, ob dieselben Mietsleute haben oder Gewerbetreibende sind. Abnehmer ohne Mietsleute, ohne Gewerbe und ohne Vieh kommen in die I. Klasse. Gewerbe mit nachweislich großem Wasserverbrauch kommen in die IV. Klasse.

Für Betriebswasser wird der Preis auf 6 Pfg. pro cbm festgesetzt. Der Preis für den Mehrverbrauch wird am Ende eines Jahres festgelegt (§ 4 V), darf jedoch den Preis von 10 Pfg. für den Kubikmeter nicht übersteigen und wird jährlich verrechnet.
Der Betriebsfond wird gebildet aus den Erträgen des Mehrverbrauchs an Wasser und den Nachzahlungen später zugehender Wasserabnehmer. Er darf die Höhe von 4.000 M nicht überschreiten und dient zur Bestreitung von Reparaturen. Ist die Höhe von 4.000 M erreicht, tritt eine angemessene Abminderung des Wasserzinses ein.
Diese Wasserleitungsordnung wurde dann immer wieder durch neue Gebühren und Festsetzungen sowie unterschiedliche Zahlungen zwischen Alt- und Neuanschließern abgeändert. Insbesondere in der Inflationszeit 1922/23 stiegen die Anschlussgebühren aller Klassen stark an.
Am 23.03.1907 gab es ein neues Gesetz für die Wasserversorgung: Es wurden Genossenschaften für die Herstellung und den Unterhalt von Nutzwasserleitungen aus den Grundstückseigentümern gebildet, für die die Wasserversorgung eingerichtet worden war.
Am 13. Feb. 1908 beschloss daher der Gemeindeausschuss mit 12:2 Stimmen, die Gemeindewasserleitung nur dann an die Wasserleitungsgenossenschaft abzutreten, wenn der Staatszuschuss von 5.863 M bei Übergabe der Wasserleitung nicht an die Staatskasse zurückbezahlt werden muss. Ebenso musste die Wasserbauschuld übernommen werden.
Rechtskräftig wurde die Übertragung der Wasserversorgung von der Gemeinde an die Wasserleitungsgenossenschaft aber erst mit der notariellen Urkunde vom 8. September 1922. Unterzeichnet hatten für die Gemeinde Übersee Bürgermeister Steiner und für die Genossenschaft Max Haumayer.

Es heißt im Originaltext: „Die Gemeinde überlässt hiermit an die Genossenschaft zur Unterhaltung und zum Betriebe einer Trink- und Wasserleitung mit dem Sitz in Übersee unentgeltlich die in der Steuergemeinde Übersee gelegenen Reservoirplatz des Wasserwerks Übersee zu 0,034 ha und das Pumpwerk der Überseer Wasserleitung zu 0,013 ha.“

Der Wert der überlassenen Liegenschaften wurde mit 5.000 Mark angegeben (Inflation). Ebenso ging das Darlehen der Gemeinde Übersee aus dem Jahr 1906 mit dem bestehenden Passivkapital von 83.586 Mark auf die Genossenschaft über. (Zuvor erfolgte am 3. Dezember 1920 eine rechtsverbindliche Neugründung der Genossenschaft im Sinne des Wassergesetzes vom 23. März 1907, die am 3. Oktober 1921 durch die Regierung von Oberbayern genehmigt wurde.)

Der Kampf war nun zu Ende. Es war ein schwerer, erbitterter Kampf gewesen von wenigen Männern gegen eine große Mehrheit. Sie hatten eine große Voraussicht bewiesen und dabei nur das Wohl ihrer Mitmenschen vor Augen. Ihr Grundsatz lautete: Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Eines muss man aber auch den Gegnern zu Gute halten: Erst 1903/04 war die neue Pfarrkirche gebaut worden, und dies hatte den Bürgern eine große Spendenbereitschaft abverlangt. So war in vielen Familien einfach kein Geld vorhanden.

Übersee hatte nun eine zentrale Wasserversorgung, und viele Gemeinden, ja sogar Städte, schauten mit neidischen Blicken auf den Ort. Aber der Preis dafür war hoch: Alle Vierteljahre kam der gefürchtete Kassenwart und kassierte Wasserzins und Bankzins.